„Wir haben einen guten Mann am Bücherregal!“ (Bericht vom 16.3.2012)

Wieder einmal fanden sich weit über hundert Bürgerinnen und Bürger in der Friedensgemeinde ein. Ein Blick in die bunte Runde ließ den Moderator Otmar Willi Weber aufmerken: Der Altersdurchschnitt der Besucherinnen und Besucher hatte sich im Vergleich zu den bisherigen Veranstaltungen deutlich verringert. Doch davon später.

Diesmal kamen zunächst die Bürger zu Wort: Stellvertretend fassten Anke Kozlowski und Frank Püffel zusammen, welche Fragestellungen, Anregungen und Wünsche zwischen September 2011 und Februar 2012 zur Planung des Neuen Hulsberg-Viertels entwickelt wurden. Dort hatte man zu folgenden Themen gearbeitet:

  • städtebauliche Einbettung des neuen Quartiers
  • Mobilität
  • Freiraumplanung und Baumbestand
  • Nutzungsmischung und soziale Mischung
  • Nachnutzungspotenziale bei den bestehenden Gebäuden
  • nachhaltige Energieversorgung, Wasser- und Abwasserkonzepte

Der mündliche Vortrag ist in einer Zwischenbilanz zusammengefasst, die hier als Download zur Verfügung steht und in der weiteren Planung aufgegriffen werden soll.

Dann löste Weber das „Jungbrunnen-Phänomen“ beim Altersschnitt der Veranstaltung: Über vierzig Jugendliche aus der Klasse 8g1 der Oberschule Schaumburger Straße, aus der Klasse 9.5 der Gesamtschule Mitte und aus der Stencil-Gruppe vom BDP-Mädchenkulturhaus waren in die Friedensgemeinde gekommen. Sie hatten Ideen, Anregungen und Wünsche für das neue Quartier formuliert und in einer kleinen Ausstellung präsentiert.

Die Vielfalt aus dieser Jugendbeteiligung erntete großen Beifall. Heike Blanck vom Ortsamt Mitte, die das Projekt begleitete, bedankte sich bei den Jugendlichen für die tolle Mitarbeit. Besondere Anerkennung verdient das jugendliche Engagement auch deshalb, weil die vorgestellten Ideen nicht zeitnah umgesetzt werden können. Profitieren wird eine kommende Generation von Jugendlichen.

Bausenator Dr. Lohse zeigt sich beeindruckt von den bisherigen Vorträgen. Er bedankte sich bei allen für ihr Engagement und fühle sich in seiner Einschätzung bestätigt, dass das neue Hulsberg-Viertel ein besonderes Stück Bremen wird. Die Förderung von Baugemeinschaften („Hier hat Bremen noch ein bisschen Nachholbedarf.“), die Berücksichtigung der Belange von Menschen unterschiedlichen Alters, intelligente Lösungen in den Mobilitätsfragen, ein behutsamer Umgang mit den historischen Gebäuden und dem Baumbestand und eine gute soziale Durchmischung nannte er in seinem Vortrag als wichtige Themen. Senator Lohse lobte die kultivierte und sachorientierte Gesprächsatmosphäre und schloss mit der Ermunterung an alle: „Weiter so!“

Nach einer Pause gab Senatsbaudirektor Höing einen Ausblick auf die nächsten Verfahrensschritte. Im Sommer wird der Startschuss für ein städtebauliches Gutachterverfahren gegeben. Drei Architektenteams werden parallel beauftragt, einen städtebaulichen Entwurf für das neue Quartier zu entwickeln. Die Fragen, Anregungen und Forderungen aus den Bürgerforen werden dabei Berücksichtigung finden.In diesem Zusammenhang zeichnete der Senatsbaudirektor das Bild von einem Bücherregal, das man gemeinsam baut: Wir haben schon erste Bücher – auch ganz unterschiedliche – wissen aber noch nicht, wie viele es am Ende sein werden und welche unterschiedlichen Buchformate in das Regal kommen. Aber trotzdem trauen wir es uns zu, jetzt ein Regal zu bauen, in dem dann später alle Bücher ihren Platz finden werden. In einem Zeitplan erläuterte Höing die nächsten geplanten öffentlichen Termine:

  • Im Juni sollen auf einem Sommerfest die von der Baubehörde eingeladenen Architektenteams öffentlich vorgestellt werden
  • Im Juli werden Rückfragen zur Aufgabe geklärt
  • Im September/Oktober werden erste Zwischenergebnisse öffentlich präsentiert
  • Ende November sollen die Ergebnisse vorliegen.

Ortsamtsleiter Robert Bücking kommentierte den Vortrag von Herrn Höing mit einem Dank für sein bisheriges Engagement bei diesem Städtebauprojekt: „Wir haben einen guten Mann am Bücherregal!“

Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie ein Stadtquartier am Ende eines Beteiligungsprozesse aussehen kann, zeigte die Stadtplanerin Angela Weiskopf in einem Vortrag Bilder aus dem „Französischen Viertel“ in Tübingen.

In einem kurzen Ausblick beschrieb Prof. Selle, was als nächstes ansteht:

  • Man wird während des Gutachterverfahrens Geduld und einen langen Atem haben müssen. Die bisherige Kontinuität und Transparenz sollten gewahrt bleiben.
  • Um Vielfalt zu wahren, empfiehlt Selle die „aufsuchende Beteiligung“, wonach man auf Gruppierungen und Menschen zugeht, die man bisher in den Bürgerforen vermisst hat.
  • Man kann jetzt  in Spezialthemen einsteigen, z. B. „Organisation von Baugruppen“.

Moderator Weber schloss den Abend mit der Erkenntnis „Das ist hier kein Gemütlichkeitsverfahren. Aber bestechend ist der klare, ernsthafte und respektvolle Umgang miteinander.“ Das machte Lust, den Abend bei Bier, Brezeln und Live-Jazz-Musik im Foyer des Gemeindesaals ausklingen zu lassen.

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