Die Verwaltung nutzte die Zeit nach den Parlamentswahlen, um bereits auf den Weg gebrachte und weit gediehene Planungen in einen fachlichen stabilen Rahmen zu gießen.
Für das neue Hulsberg-Viertel ist dieser Rahmen der Bebauungsplan 2450.
Das Hulsberg-Podium am 26. Februar 2016 im Hörsaal der Inneren Medizin am Klinikum Bremen-Mitte war die Veranstaltung, auf der die Ziele und Inhalte des Bebauungsplanes
– vorgestellt,
– erläutert und
– kommentiert wurden
Auditorium Hulsberg-Podium; Foto: C. Kuhaupt
Vorgestellt und erläutert
Vorgestellt und erläutert wurde der Bebauungsplan bereits ab 15 Uhr von Marion Skerra, die in der Stadtplanung beim Bausenator federführend den B-Plan für das Neue Hulsberg-Viertel erarbeitet hat. Zwei Stunden stellte sie sich, unterstützt von Planerkollegen und Andreas Pfisterer von Hamburg Team im Hörsaal-Foyer den engagierten und interessierten Nachfragen von Bürgerinnen und Bürgern.
Kommentiert
Das Informations- und Diskussionsmaterial, das gezeigt wurde, war vielfältig. Das Bauressort hatte Planmaterial und eine Wandzeitung parat, und auch von engagierten Bürgerinnen und Bürgern wurden Plakate und eine Filmproduktion beigesteuert, die den bisherigen Stand der Planung kommentieren. Im Schwerpunkt ging es um diese Themen:
– die grundsätzlichen Ziele und Inhalte des B-Plans mit seinen textlichen Festsetzungen
– die Forderung zum Erhalt des Bettenhaus,
– kritische Überlegungen u.a. zum Mobilitätskonzept, Kinderklinik-Altbau, geförderten Wohnungsbau, Freiraum und Baumbestand, zur künftigen Architektursprache, zur optimalen Grundstücksausnutzung im Bereich der beiden Kinderkliniken
Lohses Botschaft des Abends: Erhaltungssatzung für Kinderklinik-Altbau
Ab 17 Uhr wurden auf dem Hulsberg-Podium die Erläuterungen und Kommentierungen fortgesetzt. Bremens oberster Mann für die Stadtentwicklung, Bausenator Dr. Joachim Lohse führte in den Nachmittag ein, in dem er zunächst mit einem Rückblick auf den Bürgerbeteiligungsprozess und Erinnerungen an bisher erreichte Meilensteine eindrucksvoll zeigte, welch langatmiges Geschäft eine Quartiersenwicklung ist. Er unterstrich, dass das bisherige Verfahren wesentlich vom Geist des konstruktiven Miteinanders und vom allseitigen Engagement – seitens der Bürgerinnen und Bürger ebenso wie seitens der Fachleute – getragen wurde. Dafür sprach er seinen Dank aus.
Seine einführenden Worte schloss Senator Lohse mit einer echten Überraschung: Auf den letzten Metern der B-Plan-Erarbeitung habe er mit seinen Fachleuten im Bauressort entschieden, dass das Haus 37, der Kinderklinik-Altbau einen nachhaltigen Bestandsschutz verdiene, weshalb der Bau aus den 20er-Jahren des vorigen Jahrhunderts mit einer Erhaltungssatzung versehen werden soll.
Lohse Hulsberg-Podium, Foto: Kuhaupt
Standortbestimmung durch Klaus Selle
Klaus Selle, Begleiter des Beteiligungsprozesses seit frühester Stunde, kommentierte zunächst das Verfahren bis zu seinem heutigen Stand mit der Brille des „Externen“ und verdeutlichte die frühe, kontinuierliche und beharrliche Partizipation an der Entwicklung des Neuen Hulsberg-Viertels, die dem Verfahren zum Guten gereiche.
Sodann gab er einen Ausblick auf die anstehende B-Planauslegung und betonte, dass in dieser formalen Phase der Bauleitplanung Bürgerinnen und Bürger weiterhin die Möglichkeit haben, Stellung zu Zielen und Inhalten der Planung zu nehmen.
Download: Präsentation Selle
Der B-Plan 2450: Stand der Dinge & Ausblick
Es war dann an Senatsbaudirektorin Iris Reuther, den Entwurf des Bebauungsplans vorzustellen. Folgende Kernbotschaften vermittelte sie:
o Erhaltungssatzung für den Altbau der Kinderklinik (Haus 37)
o Ärztehaus an derie St.-Jürgen-Straße wird der erste Entwicklungsbaustein
o Bunker an der St.-Jürgen-Straße soll Wohnnutzung weichen
o Quartierseingang wird neu gefasst
o Es wird festgehalten an einem nachhaltigen und zukunftsweisenden Konzept zum Umgang mit Mobilität im Quartier
Außerdem erklärte die Senatsbaudirektorin in kurzen Worten, die Bedeutung der den B-Plan ergänzenden Bausteine, nämlich B-Planbegründung, Umweltbericht, Mobilitätskonzept, Grünordnungsplan, schalltechnische Untersuchung und Einzelhandelsgutachten.
Schließlich stellte sie in Aussicht, dass während der Auslegungsphase, die voraussichtlich im Mai beginnen werde, das Bauressort eine „Lesehilfe“ für das komplexe Planwerk anbieten werde; konkret: Im Rahmen der Auslegung, die im Foyer des bausenatorischen Dienstgebäudes erfolge, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtplanung an mehreren Terminen den B-Plan persönlich erläutern. Zentrale Ansprechpartnerin wird Frau Skerra sein.
Download: Präsentation Reuther
Noch einmal „Stunde Null“
Das anschließende Podiumsgespräch erinnerte dann zumindest in seiner personellen Besetzung daran, wie alles begann; damals in der „Stunde Null der Bürgerbeteiieligung“, am 11. April 2011. Auf dem Podium waren seiner Zeit der Bausenator, der Finanzstaatsrat, der Beiratssprecher, der Ortsamtsleiter, der GEG-Geschäftsführer und der GeNo-Geschäftsführer.
Die Funktionsträger waren auch am 26.02.2016 auf dem Podium versammelt; nur mit zwei Unterschieden:
1. Auf sämtlichen Positionen fanden personelle Wechsel statt.
2. Dieses Mal war das Podium um eine siebte Person erweitert, nämlich um jene, die stellvertretend für die Bürgerinnen und Bürger spricht.
Bürgerbeteiligung als „vorweggenommene Nachbarschaft“
Ortsamtsleiterin Hellena Harttung verdeutlichte, dass trotz geringer Aktivitäten im Bürgerbeteiligungsprozess in den vergangenen Monaten dennoch viel geschehen ist: Geflüchtete sind in eine Notunterkunft auf dem Klinikgelände eingezogen, potenzielle Baugruppen kamen zusammen und bereiten sich auf die Verkaufsverfahren vor, und der B-Plan wurde soweit ausgearbeitet, dass er nun kurz vor der Auslegung ist.
Robert Pfeiffer, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft GeNo, unterstrich, dass trotz der zum Teil deutlich gegenlaufenden Interessen zwischen Forderungen aus dem Beteiligungsprozess und jenen der GeNo, die großen Wert auf hohe Verwertungserlöse legt, ein hohes Maß an Kompromissfähigkeit bei allen Beteiligten erkennbar war. Er empfinde den Beteiligungsprozess wie eine „vorweggenommene Nachbarschaft“.
Als kritischer Nachbar erwies sich Frank Ballschmiede, der stellvertretend für Bürgerinnen und Bürger sprach, die sich in den vergangenen Jahren engagiert an der Entwicklung des Neuen Hulsberg-Viertels eingebracht hatten. Er bemängelte dass die GeNo sich noch nicht substantiell zu einem Mobilitätskonzept für den Unternehmensstandort „Mitte“ geäußert habe. Außerdem hätte er sich eine vielleicht noch intensivere und ausführlichere Debatte zu den ungeklärten Dissensen bezüglich des städtebaulichen Entwurfs gewünscht.
Deutlichen Widerspruch zu dem Wunsch nach einer ausführlicheren Debatte legte sogleich GEG-Geschäftsführer Florian Kommer ein, der die Auffassung vertrat, dass nach einem fünfjährigen Beteiligungsprozess der Debatte nicht länger Raum gegeben werden, sondern schlicht Entscheidungen getroffen werden müssen, weil eine Einigung in den bis jetzt ungelösten Dissensen offensichtlich nicht möglich sei. Der Ball liege jetzt bei den legitimierten „Entscheidern“, nämlich den gewählten Mitgliedern der Bremischen Bürgerschaft.
Bausenator Joachim Lohse pflichtete Kommer bei: Das Projekt müsse jetzt einen nächsten Schritt machen. Der dringende Bedarf an neuen Wohnungen sorge für „Druck auf dem Kessel“. Die lange Phase der Bürgerbeteiligung erachtete Lohse als besonderen Luxus, den nicht jedes Stadtentwicklungsprojekt für sich in Anspruch nehmen könne. Finanzstaatsrat Dietmar Strehl bekräftigte das mit zwei einfachen aber prägnanten Formeln: „Termine retten uns“ – will sagen: Dass wir uns jetzt einen klaren Zeitplan für die weiteren Schritte auferlegen, hilft uns, die notwendigen Entscheidungen zu treffen – ganz gleich, ob sie uns unbequem oder sympathisch sind. Und die zweite Formel bedarf keiner weiteren Erklärung: „Zeit ist Geld“.
Diese Sichtweise präzisierte aus den Zuhörerreihen der Baupolitiker Robert Bücking durch den Hinweis, dass die äußeren Umstände bisher für das „satte Zeitkissen“ gesorgt hätten: Die Verzögerung beim Klinikneubau habe Raum für die lange Planungsphase geboten. Jetzt aber müsse es das Ziel sein, die Ergebnisse des bisherigen Beteiligungsprozesses sauber an die Baudeputierten und Bürgerschaftsabgeordneten zur Entscheidung vorzulegen.
Mit Blick auf anstehende politische Entscheidungen brachte Frank Ballschmiede die Erwartungshaltung von Bürgerinnen und Bürgern in Position, wonach in einem gesonderten Beteiligungsschritt noch die Inhalte des städtebaulichen Vertrages zu vermitteln seien. Weiteren „Nährboden“ für diese Haltung lieferte Florian Kommer, der die Auffassung vertrat, dass es der bisherigen Kommunikationskultur im Projekt entspräche, wenn man die Inhalte und Regelungsrichtungen des städtebaulichen Vertrages transparent mache. Zugleich verdeutlichte er aber auch ganz konkret, dass und wie es weitergeht, in dem er in Aussicht stellte, dass das erste Verkaufsverfahren in wenigen Monaten losgehen würde. Dabei handele es sich um den Verkauf des Grundstückes an der St.-Jürgen-Str., auf dem das Ärztehaus entstehen solle. Danach folge ein Verkaufsverfahren für das Grundstück „Sorgenfrei 1“.
Das Podiumsgespräch rundete Klaus Selle mit der Ermunterung ab, engagiert bei der Sache zu bleiben und weitere Menschen in Bremen zur Mitwirkung am Beteiligungsprozess zu bewegen. Sein Zwischenfazit nach den vergangenen fünf Jahren: Dieser Beteiligungsprozess habe einen ganz normalen und typischen Verlauf genommen und sei gleichzeitig ganz anders! Transparenz und vertrauensvoller Umgang blieben dabei die unverzichtbaren Konstanten.
Der vorgeschrittenen Stunde geschuldet, gaben Iris Reuther und Florian Kommer diesen „Minimalausblick“ auf die Frage, wie es weitergehe:
1. Qualität des öffentlichen Freiraums und das Gestaltungskonzept für die Architektur sind nur zwei von vielen weiteren Themen, die den Beteiligungsprozess in Zukunft beschäftigen werden.
2. Die Gesamtinbetriebnahme des Klinikneubaus ist von der GeNo weiterhin für Ende 2018 in Aussicht gestellt. Daraus ergibt sich, dass die frei werdenden Flächen frühestens ab 2019 durch die GEG entwickelt und ab etwa 2020 an etwaige Grundstückskäufer geliefert werden können. Das Neue Hulsberg-Viertel, so wie wir es bisher auf dem Plan betrachtet haben, wird also Anfang der 20er Jahre schrittweise Wirklichkeit werden.
3. Das heutige „Hulsberg-Podium“ war ein Meilenstein im Prozess, es ist aber kein Ende der Bürgerbeteiligung!
4. Die Frage, wie es weiter geht, ist die Hausaufgabe für alle Personen.
Mit dieser Hausaufgabe im Gepäck lud sodann die GEG zu einem geselligen Dämmerschoppen im Foyer des Hörsaals ein, um den Abend gemeinsam ausklingen zu lassen.